Abt. 220 - Michelsbräu GmbH

Umfang 3 lfd. m
Laufzeit 1732 - 2006
Findmittel Datenbank

Geschichte des Bestands

Die Unterlagen im Umfang von 3 lfd. m wurden 2013 an das Hessische Wirtschaftsarchiv abgegeben. Der Depositalvertrag ist auf den 23.1./4.3.2013 datiert.

Geschichte des Unternehmens

1815 gründete Philip Jacob Michel (2.11.1792-) in seinem Elternhaus in der Mühlgasse 31 in Babenhausen eine Brauerei, die er mit zwei Arbeitern betrieb. 1832 kaufte er die in Konkurs geratene Brauerei von Phil. Jac. May, die an der Straße nach Seligenstadt gelegen war. 1840 übernahm sein Sohn Heinrich Michel (1823-) das Unternehmen und errichtete 1870 das Gasthaus und Hotel Deutscher Hof.

In dritter Generation übernahm Wilhelm Michel (5.6.1850-5.6.1892) die Leitung der Brauerei. Er verlegte die Brauereianlagen auf eine Fläche "an der Straße nach Seligenstadt" und nannte sie "Brauerei zum Frankfurter Hof".

1883 wurde in der inzwischen betriebenen Brauerei ein Dampfkessel aufgestellt, 1886 ein Kellerneubau begonnen. Das Anwesen bestand zu dieser Zeit aus einem zweistöckigen Wohnhaus, einem Kellerbau mit Magazin und Kühlschiff, Bierbrauerei mit Malzdarre, verschiedenen Wirtschaftsgebäuden und einem Wirtschaftslokal mit Kegelbahn.

Als erste von zahlreichen weiteren Gasthäusern kaufte Wilhelm Michel 1889 den in der Fahrstraße 40 in Babenhausen gelegenen Gastwirtsbetrieb von Georg Albrecht Grünewald einschließlich dessen Braurecht. Schon früh exportierte die Brauerei ihre Produkte: Von der aufwendigen Lieferung von Bier zum Bau des Suezkanals zeugen Medaillen, mit den zeitweise auch auf den Bieretiketten geworben wurde.

Nach dem Tod von Wilhelm Michel am 5.6.1892 übernahm sein erst 27jähriger Bruder, der Kaufmann Ludwig "Louis" Friedrich Michel (8.5.1866-29.10.1908) das nun "Brauerei Wilhelm Michel, Inhaber Louis Michel" firmierende Unternehmen. Unter seiner Geschäftsführung wurde nicht nur der kaufmännische Teil des Unternehmens neu organisiert, sondern auch der Vertrieb in "Patent-Bierflaschen" eingeführt. Der Absatz hatte sich beträchtlich gesteigert, so dass ein neues Sudwerk mit 30 m hohem Schornstein errichtet wurde. Die Qualität des Bieres wurde durch die Erbohrung eines neuen Brunnens mit guter Wasserqualität gesteigert. Im November 1899 konnte unter Beteiligung der Babenhäuser Bevölkerung die Einweihung der Anlage gefeiert werden.

Im darauffolgenden Jahr wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und firmierte nun als "Michelsbräu AG". 1901 gewann die Brauerei bei internationalen Ausstellungen in Paris und Berlin ein Ehrendiplom und eine Goldmedaille. Im darauffolgenden Jahr erreichte der Gesamtausstoß 22.000 Hektoliter, so dass das Unternehmen eine Dividende von 5 % ausschütten konnte.

Nach dem Tod von Louis Michel am 29.10.1908 wurde Direktor R. Baur zur Leitung des Unternehmens eingestellt.

1921 fusionierte die Michelsbräu AG mit der Groß-Umstädter Brauerei Peter Brenner und firmierte nun als "Michelsbräu-Brenner AG". 1927 erwarb ein Frankfurter Konsortium, bestehend aus der Brauerei Henning-Kempf-Stern-AG und der Schöfferhofer-Binding-Bürgerbräu AG, die Mehrheit der Anteile.

Aus dem Erbe seines Vaters Bruno Schubert, Direktor und Anteilseigener der Henninger Brauerei, übernahm Günther Schubert (1922-1916) 1954 die Hälfte der Anteile an der Michelsbräu-Brenner AG. Es gelang ihm, die unrentable Brauerei, deren Anlagen veraltet waren und die nur noch 4.000 hl Bier in minderer Qualität erzeugte, nach dem Erwerb der Brensbacher Brauerei Hoffarth (1956) zu sanieren und die Qualität des Bieres zu verbessern. Der Ausstoß erhöhte sich in den kommenden Jahren allmählich bis auf 32.000 hl (1970). 1982 erwarb Schubert für 2,4 Mio. DM die verbleibenden Anteile von der Binding-Brauerei und wandelte die Aktiengesellschaft in eine GmbH um.

1984 konnte durch Übernahme der Kunden der Groß-Umstädter Brauerei Brenner der Marktanteil in der Region erhöht werden. Etwa gleichzeitig übernahm Schuberts Tochter Susan Schubert die Leitung des Unternehmens.

1992 verließ Michelsbräu nach betrieblichen Tarifkonflikten den Arbeitgeberverband und den Deutschen Brauer-Bund. Teile des Unternehmens wurden ausgelagert. Die Anzahl der Mitarbeiter reduzierte sich. 2007 produzierte die Brauerei mit 17 Beschäftigten 22.000 hl Bier. Nach Umsatzrückgängen wurden 2009 Teile des Firmengeländes verkauft.

2011 wurde der Braubetrieb in Babenhausen aufgegeben und Michelsbräu-Bier seither von der ebenfalls der Familie Schubert gehörenden Arnsteiner Brauerei Max Bender gebraut.

2016 siedelte das Unternehmen an den Stadtrand Babenhausens um; auf dem ehemaligen Michelsbräu-Gelände im Zentrum Babenhausens befindet sich seit 2018 ein Medizinisches Versorgungszentrum. Seit dem 1. März 2021 ist Michelsbräu im Besitz der Pfungstädter Brauerei.


Literatur

Henning Glawatz, 300 Jahre Braukultur 1707 - 2007. Die Geschichte der Brauerfamilien Henrich - Schubert - Bender, Saarbrücken 2007.

Joachim Heizmann, Bier - Brauereien - Babenhausen, in: Babenhausen einst und jetzt 42, 2020.