Abt. 171, Kramp & Comp. GmbH

Umfang 15 lfd. m
Laufzeit 1897 - 1995
Findmittel Datenbank

Geschichte des Bestands

Der Bestand, 15 lfd. m, umfasst 1949 Einheiten mit nach Kunden geordneten Etiketten aus dem Zeitraum 1897 bis 1995. Er wurde in den Jahren 2000 bis 2006 von Monika van Bommel verzeichnet.

Geschichte des Unternehmens

Ende des 18. Jahrhunderts hatte Alois Senefelder aus Offenbach a.M. ein Flachdruckverfahren mit Lithographiesteinen erfunden, das schon bald als preiswertes und exaktes Verfahren zur Vervielfältigung grafischer Vorlagen eingesetzt wurde. Ebenfalls in Offenbach gründete der aus Straßburg stammende Lithograph Louis Kramp (26.1.1804 - 15.3.1871), der unter anderem bei dem bekannten Drucker Lemercier in Paris zum Lithographen ausgebildet worden war, 1832 eine Lithographische Kunstanstalt und betrieb sie zunächst in angemieteten Räumen. Das expandierende Unternehmen musste mehrfach umziehen, bis Kramp schließlich 1846 ein eigenes Wohn- und Werkstattgebäude am Rödergraben errichtete.

Zunächst druckte Kramp Kunstblätter in Kreide oder Federzeichnungen nach Motiven alter Meister, Jagd- und Volksszenen sowie Porträts bekannter Personen, wobei die aufwendige Technik die Leistung auf 50-60 Abdrucke täglich beschränkte.

1840 nahm Kramp Philip Wagner als Mitinhaber auf und firmierte das Unternehmen in “Kramp und Wagner” um. Wagners politisches Engagement zwang ihn dazu, dass er das Großherzogtum Hessen mehrfach verlassen musste, so dass er schließlich seine Beteiligung an dem Unternehmen aufgab.

An seiner Stelle stellte Kramp 1845 den Lithographen Leopold Nickelsberg (1821-1903) in das Geschäft auf, der zuvor als freier Zeichner religiöser Bilder für Kramp & Wagner gearbeitet hatte, als festen Mitarbeiter ein und machte ihn 1847 zum Mitinhaber des Unternehmens, das von nun an unter “Kramp & Co.” firmierte.

Angesichts der unsicheren politischen Lage war der Handel mit Kunstwerken weitgehend zusammengebrochen, dafür aber ein Markt für die Flugblättern mit Karikaturen auf das Frankfurter Parlament entstanden, die Nickelsberg nach den Berichten von Samuel Stern zeichnete. Seit den 1850er Jahren begann das Unternehmen mit der Herstellung lithographischer Mehrfarbendrucke, die als Etiketten und Schachtelbezüge insbesondere von Tabakwarenfabriken nachgefragt wurden.

1871 starb Louis Kramp und hinterließ seinen Anteil an dem Unternehmen seinem Teilhaber Leopold Nickelsberg, der in den folgenden Jahren seine Söhne in den Betrieb aufnahm: 1874 der Bankkaufmann Emil (1856-1911), 1877 Louis (1857-1914) und 1882 schließlich Wilhelm (1863-1926).

Der Druck erfolgte auf 12 Handpressen, bis schließlich 1875 eine von dem kurz zuvor gegründeten Offenbacher Unternehmen Faber & Schleicher gebaute Schnellpresse angeschafft wurde. In diese Zeit fielen auch die ersten Exporte, insbesondere nach England, den USA und nach Russland.

In den 1870er/1880er Jahren waren die “Illustrierten Photographie-Alben” für die Offenbacher Lederwarenindustrie ein Schwerpunkt der Tätigkeit, während man sich um die Jahrhundertwende dem Geschäftsfeld zuwandte, für das Kramp & Comp. bekannt werden sollte: der Herstellung von Verpackungen und Etiketten für Feinseifen und Parfüms mit dem Chromilithographieverfahren.

1892 wurde das Unternehmen in eine oHG umgewandelt.

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieg bedeutete den Zusammenbruch der Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland, der zunehmende Materialmangel erzwang die Einschränkung des Vielfarb-Drucks. Die verbliebenen 30 von ursprünglich 130 Beschäftigten fertigten nun Etiketten für Granaten und Munitionsteile.

Nach dem Ende des Kriegs konnten die Kunden im In- und Ausland zurück gewonnen werden und das Geschäft mit Etiketten und Verpackungen für Parfüm und Feinseifen nahm neuen Aufschwung. Kramp & Co. unterhielt nun weltweite Geschäftsverbindungen und beschäftigte 300 Mitarbeiter, darunter 30 Lithographen. Mit 16 Druckmaschinen wurde eine Tageskapazität 3.650 Bogen erreicht. Besonders spektakulär war ein 1934 erteilter Druckauftrag aus Singapur, der die Roland-Zweifarben-Offsetpresse für zwei Jahre auslastete und zudem die Anschaffung zusätzlicher Verarbeitungsmaschinen erforderte.

Doch schon bald brachte die Machtergreifung der Nationalsozialisten und der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Kriegs einen erneuten Einbruch. Wegen ihrer jüdischen Herkunft waren die beiden Inhaber Paul Nickelsberg (geb. 1893) und Julius Stern (1880-1968), der 1904 als kaufmännischer Angestellter in das Unternehmen eingetreten und 1912 Mitinhaber geworden war, zum Verkauf an den langjährigen Mitarbeiter Hans Münch aus Dresden sowie Klara Klingspor aus Offenbach gezwungen. Der Kauf- und Übernahmevertrag vom 10.10.1938 mit Ergänzungsvertrag vom 14.12.1938 wurde am 19.12.1938 bestätigt. Bemühungen der Kreisleitung der NSdAP in Offenbach, die Übernahme des Unternehmens durch ein Mitglied der Familie Klingspor wegen “konzernartiger Ausweitung” zugunsten eines Parteigenossen zu verhindern, blieben dabei offenbar erfolglos. Der ursprünglich festgesetzte Kaufpreis von 300.000 RM wurde am 10.1.1939 auf 194.000 RM gemindert. Der Vertrag sah weiterhin vor, dass Nickelsberg für eine Übergangszeit von 6 Monaten und Stern für 3 Monate in dem Unternehmen weiter mitarbeiten sollten, wobei beide Gehälter von 1500 RM bezogen. Stern, bislang Leiter des Exportgeschäftes, verpflichtete sich weiterhin, ab 1.1.1939 für 4 Jahre als Auslandsvertreter tätig zu sein. Beide Inhaber emigrierten im März 1939 und wurden 1941 ausgebürgert.

Die neuen Besitzer wandelten die Rechtsform des Unternehmens von einer oHG in eine Kommanditgesellschaft um mit Klara Klingspor als persönlich haftender Gesellschafterin und Hans Münch als Kommanditist.

Viele Mitarbeiter wurden zum Kriegsdienst eingezogen, so dass die Belegschaft 140 Mitarbeiter sank. An die Stelle der Arbeiten für die Parfümerieindustrie trat wie schon während des Ersten Weltkriegs der Druck von Lebensmittelkarten, Etiketten und Aufklebern für militärische Zwecke.

Am 20. Dezember 1943 wurde der Betrieb durch einen Fliegerangriff zu 80% zerstört. Die Produktion wurde daraufhin nach Steinheim am Main ausgelagert und dort bis 1947/48 auf gemieteten Maschinen fortgeführt.

Während Paul Nickelsberg in den USA blieb, kehrte Julius Stern 1949 zu Kramp & Comp. zurück und übernahm wieder die Geschäftsführung. Nun begann auch allmählich der Wiederaufbau des Unternehmens: Die beschädigten Maschinen konnten teilweise repariert werden und auch Material war wieder in guter Qualität erhältlich, 1950/51 wurde das erste Firmengebäude neu errichtet, 1955/56 folgte der zweite Bauabschnitt. Die Zahl der Mitarbeiter stieg auf 350 an.

1956 schied Julius Stern aus dem aktiven Geschäft aus und übergab die Geschäftsführung an Otto Hubert Jan Primavesi (14.7.1882-4.8.1985).

Nach dem Krieg war Kramp & Comp. wieder zur Herstellung von Verpackungserzeugnissen für die Kosmetikindustrie im In- und Ausland zurück gekehrt. In den 1960er Jahren änderte sich der Geschmack, so dass in der Gestaltung der Produkte die bislang beliebten vielfarbigen Motive durch grafische Flächenaufteilung und Betonung der Produkt- und Markenbezeichnungen ersetzt wurden. An die Stelle Etiketten traten bedruckte Glas- und Kunststoffbehälter. Für die Herstellung der nun stärker nachgefragten Faltschachteln mussten Klebe- und Lackiermaschinen angeschafft werden, für deren Aufstellung ein Anbau errichtet wurde. 1969 wurde nach einer längeren Entwicklungsphase die weltweit erste Anlage für großformatige Folienheißprägungen in Betrieb genommen, der 1981 eine zweite folgte.

Zum 16.5.1980 trat die Graphische Kunstanstalt GmbH, Offenbach, als persönlich haftende Gesellschafterin in das Unternehmen ein. Gleichzeitig wurde die Firmierung von “Kramp & Comp.” zu “Kramp & Comp. GmbH & Co. KG Graphische Kunstanstalt” geändert.

Auf dem Höhepunkt seines Erfolges feierte das Unternehmen 1982 sein 150-jähriges Bestehen u.a. mit der Ausstellung “Vom Kleinbild zur Kosmetikfaltschachtel” im Klingspor-Museum in Offenbach, in der Original-Lithographien aus der Unternehmensgeschichte gezeigt wurden.

Da die alten Betriebsanlagen allmählich zu eng geworden waren, wurde 1989 ein Neubau im Industriegebiet Bieber-Waldhof errichtet, der 1990 bezogen werden konnte.

Durch den vermehrten Einsatz computergestützten Verfahren in der Druckbranche verlor die weitgehend noch manuell ausgeführte Lithografietechnik, wie von Kramp & Comp. betrieben wurde, an Bedeutung. Zudem erschwerten sinkende Preise den Wettbewerb und die voranschreitende Globalisierung führte zu weltweitem Einkaufsverhalten der Kunden. Nachdem das Unternehmen bereits seit 1992 Verluste geschrieben hatte, wurde es 1997 verkauft.

Zum 1.1.2000 übernahm die schweizerische Model-Gruppe das Unternehmen, das seither als “Model Kramp GmbH” firmiert. Zum 1.4.2000 erfolgte der Umzug der Produktion in die ehemalige Druckhalle der 1999 in Konkurs gegangenen Druckerei Illert in Klein-Auheim, für die Kramp und Comp. in der Vergangenheit bereits Druckaufträge ausgeführt hatte. Das Firmengelände in Offenbach wurde verkauft.

Bis 2008 verdoppelte sich die Zahl von Mitarbeitern und Maschinen, so dass die Model Kramp GmbH 2010 in einen Neubau der an der Otto-Hahn-Straße in Hanau übersiedelte. Nach wie vor produziert das Unternehmen hauptsächlich hochwertige Verpackungen für die Kosmetikindustrie.

Literatur

150 Jahre Kramp 1832-1982. [Offenbach] 1982

HWA, Abt. 10, Firmenakte Kramp & Comp. GmbH, 1961-2000

HWA, Abt. 10, Nr. 1029 (Arisierungsakte)

HHStA Darmstadt, N1 10050