Umfang | 6,75 lfd. m |
Laufzeit | 1895 - 1993 |
Findmittel | Datenbank; Findbuch, bearb. von Ute Mayer, 1998 |
Der Bestand wurde im Herbst 1996 von der Milchlieferungs- und -absatzgenossenschaft Schaafheim eG an das Hessische Wirtschaftsarchiv abgegeben. Die Unterlagen wurden zu diesem Zeitpunkt in einem Nebengebäude des inzwischen anderweitig genutzten Molkereigebäudes aufbewahrt. Im Laufe des Jahres 1997 wurde der Bestand noch durch mehrere kleine Ablieferungen, insbesondere Fotos und Bücher, ergänzt.
Der Bestand wurde unter Mithilfe von Stefan Grathoff vorgeordnet und durch eine Abgabeliste vorläufig erschlossen. Die Verzeichnung des Bestandes wurde im Sommer und Herbst 1997 vorgenommen.
Die Molkereigenossenschaft Schaafheim wurde am 21. Dezember 1895 unter dem Vorsitz des Schaafheimer Bürgers Heinrich Merkel II. als eingetragene Genossenschaft mit eingeschränkter Haftpflicht gegründet. Die Zahl der Gründungsmitglieder betrug achtzehn, doch schon zum Ende des nächsten Jahres war der Mitgliederstand auf 36 Genossen angewachsen. Die Gründungsgenossen waren von der Zahlung eines Eintrittsgeldes befreit, während neu beitretende Mitglieder bis zur Inbetriebnahme der Molkerei jeweils drei Mark, danach zehn Mark als Beitrittsgebühr bezahlen mussten. Der monatliche Beitrag wurde in Milch entrichtet und war ähnlich gestaffelt wie die Beitrittsgebühr. Die Zahl der Beitritte stieg langsam an, lediglich im Jahr 1922 traten der Molkereigenossenschaft 90 neue Mitglieder bei, was wohl auf die Einrichtung einer Mühle im gleichen Jahr zurückzuführen ist.
Gleich nach der Gründung der Genossenschaft wurde mit der Planung des Molkereigebäudes begonnen. Bereits auf der zweiten Generalversammlung am 29.3.1996 wurden die Baupläne genehmigt, die von der Hildesheimer Firma Eduard Ahlborn erstellt worden waren. Die Bauarbeiten und Materiallieferungen wurden unter den Genossen versteigert.
Bereits zum Ende des Jahres 1896 konnte die Molkerei ihren Betrieb aufnehmen. Die erhaltenen Lieferverträge belegen, dass die Molkerei bereits 1897 und 1898 ihre Produkte nicht nur an Händler in der näheren Umgebung, sondern bis nach Offenbach, Frankfurt und sogar Wiesbaden und Mainz vertrieb. Die Molkerei scheint von Anfang an floriert zu haben, denn bereits 1898 wurden als zusätzliche Investitionen die Anschaffung einer zweiten Milchwaage, die Herrichtung eines Sitzungszimmers und der Einbau einer Treppe vom Lichthof zum 2. Stock sowie einer Toilettenanlage beschlossen. Seit 1899 konnte die Genossenschaft eine Dividende auswerfen. Im gleichen Jahr wurde der Kauf eines eigenen Milchwagens beschlossen. Im Jahr 1935 wurden die technischen Anlagen der Molkerei grundlegend erneuert.
Neben ihrer eigentlichen Aufgabe, der Verarbeitung von Milch, betrieb die Molkereigenossenschaft noch eine Reihe weiterer genossenschaftlicher Projekte. Schon zu Beginn der Planungen war die Errichtung eines Kraftwerkes vorgesehen, das nicht nur der Eigenversorgung der Molkerei dienen, sondern auch die Gemeinde Schaafheim mit Strom versorgen sollte. Bereits 1899 überstieg die Nachfrage nach Stromanschlüssen die Leistungsfähigkeit der Erzeugung, wie aus der Ablehnung eines Antrags auf Anschluss an das Stromversorgungsnetz ersichtlich ist. Nachdem schon seit 1920 der nicht zur Eigenversorgung der Molkerei benötigte Strom in das Versorgungsnetz der Hessischen Elektrizitäts AG in Darmstadt eingespeist worden war, wurde 1938 die nicht mehr rentable Stromproduktion endgültig eingestellt.
Im Jahr 1922 wurde eine Mahlmühle eingerichtet, zu deren Nutzung die Genossen verpflichtet waren. Für den Betrieb dieser Mühle wurde am 14.12.1939 die Gründung einer Mühlen- und Betriebsgenossenschaft beschlossen, die seither formal selbständig arbeitete, tatsächlich aber in Personalunion mit der Molkerei verbunden blieb. Im Jahr 1952 wurde die Modernisierung der Mühle und die Anschaffung eines dritten Walzenstuhls beschlossen. Nachdem durch einen Vertrag vom 13.3.1959 die Mühlen- und Betriebsgenossenschaft mit der Molkereigenossenschaft verschmolzen worden war, beschloss der Vorstand am 2.5.1961, den Mühlenbetrieb einzustellen.
Seit 1940 bestand eine Wäscherei auf dem Gelände der Molkerei, die durch die Mühle betrieben wurde. Planungen für die Einrichtung einer Gemeinschaftsbadeanlage und einer Süßmosterei, für die sich auch Entwürfe erhalten haben, konnten nicht realisiert werden.
Zum 31. Juli 1982 stellte die Molkereigenossenschaft die eigene Milchverarbeitung ein und lieferte ihre Rohmilch an die Starkenburger Milchliefervereinigung in Darmstadt. Seit dort die Milchverarbeitung zum 30.6.1994 ebenfalls eingestellt wurde, wird die Rohmilch der Schaafheimer Genossen von der Schwälbchen Molkerei Jakob Berz AG in Bad Schwalbach übernommen. Seither firmiert die als Genossenschaft unter “Milchlieferungs- und Absatzgenossenschaft Schaafheim e.G.”
Hermann Krapp, Materialsammlung und Vortragsmanuskripte zur Geschichte der Molkereigenossenschaft, 1996 (in: Abt. 142, Nr. 184).
Im Blickpunkt, Heft 1 und 2, Schaafheim 1996.