Abt. 141, Schiele & Co. GmbH

Umfang 15 lfd. m lfd. m
Laufzeit 1866 - 1974
Findmittel Datenbank; Findbuch, bearb. von Ulrich Eisenbach, 2009

Geschichte des Bestands

Nach der Übernahme von G. Schiele & Co. 1981 durch die Ernst Hürner GmbH & Co. blieb das Unternehmensarchiv im Besitz des letzten persönlich haftenden Gesellschafters und Geschäftsführers Walter Geisel bzw. seines Sohnes Detlev Geisel. Bereits im November 1992 nahm das Hessische Wirtschaftsarchiv mit Detlev Geisel Kontakt auf. Die Sichtung der Akten und Verhandlungen über die Modalitäten der Abgabe an das Hessische Wirtschaftsarchiv zogen sich mehrere Jahre hin. Im Dezember 1996 kamen die rund 15 Regalmeter Akten, die bis in die Gründungszeit des Unternehmens zurückreichen, nach Einwilligung der damaligen Geschäftsführung der Schiele GmbH als Depositum von Detlev Geisel in das Hessische Wirtschaftsarchiv.

Geschichte des Unternehmens

1851 gründete der Ingenieur Christian Schiele, ein Sohn des Johann Georg Schiele, der 1828 in der Mainzer Landstraße die erste Frankfurter Gasanstalt gebaut hatte, in der Neuen Mainzer Straße 12 in Frankfurt a.M. die erste Ventilatorenfabrik Deutschlands. Da ihm zur Ausweitung des Geschäfts Kapital und auch kaufmännisches Wissen fehlte, nahm er 1865 seinen Vetter, den Kaufmann Remigius Schiele, als Partner in die neu gegründete Firma G. Schiele & Co. Geschäftszweck des Unternehmens war die Herstellung von Ventilatoren, Exhaustoren, Zentrifugalpumpen, tragbaren Gebläsen für Hand- und Fußbetrieb und Feldschmieden. Im April 1868 schied Christian Schiele, der ein technisches Konstruktionsbüro eröffnete, aus dem Unternehmen aus und überlies seinem Vetter die alleinige Geschäftsführung. Remigius Schiele führte gemeinsam mit seinem Schwager, dem Kaufmann Heinrich Ludwig Mertz, die Firma fort. Neuer Standort war ein Gebäude in der Biebergasse 10 in Frankfurt a.M. Angesichts des rapiden Wachstums der Produktion jedoch erwies sich auch dieser Produktionsstandort bald als zu beengt, sodass das Unternehmen 1875 seinen Sitz in die Solmsstraße 26 ins benachbarte Bockenheim verlegte. Nachdem sein Mitgesellschafter Mertz bereits 1874 ausgeschieden war, nahm Remigius Schiele ein Jahr später als neue Teilhaber seine früheren Angestellten, den Kaufmann Friedrich Michel, und den Werkmeister Ernst Emmerich. Schiele blieb mit einer stillen Einlage und weitgehenden Weisungs- und Aufsichtsbefugnissen an der Gesellschaft beteiligt. Als Michel 1883 starb, zog sich Schiele völlig aus dem Unternehmen zurück. Um die Erben des Friedrich Michel auszuzahlen und Schieles Anteile zu erwerben, sah sich Emmerich gezwungen, die Witwe Anna Christina Michel geb. Hahn als Gesellschafterin in das Unternehmen aufzunehmen. Als Emmerich 1888 starb, übernahm der Prokurist Valentin Wendel die Geschäftsführung. Die vier Kinder Emmerichs, die als seine Erben die Gesellschaft fortgesetzt hatten, schieden nacheinander aus, sodass sich das Unternehmen 1905 im alleinigen Besitz der Anna Christina Michel befand. Noch im gleichen Jahr nahm sie ihren Sohn, den Dipl. Ing. Dr. Rudolf Michel, als persönlich haftenden Gesellschafter in die Gesellschaft auf, 1907 auch ihre Tochter Elisabeth Luce geb. Michel.

Am 4. Januar 1908 wurde das bisher als offene Handelsgesellschaft betriebene Unternehmen in eine GmbH unter der Firma G. Schiele umgewandelt. Zu Geschäftsführern wurden der Fabrikdirektor Valentin Wendel, Dr. Rudolf Michel und Bezirksbauinspektor a.D. Alfred Luce, der Ehemann von Elisabeth Luce, bestellt.

Basis der Produktion blieb die Herstellung von Gebläsemaschinen; allerdings wurde das Produktionsprogramm durch technische Verbesserungen bestehender Apparate und durch Neukonstruktionen wie z.B. Ventilatoren zur Gasförderung und -reinigung, Hochdruck-Zentrifugalpumpen sowie Transport-, Entlüftungs- und Rauchabsauganlagen erheblich erweitert.

Das weitläufige Fabrikgelände in der Solmsstraße in Bockenheim war inzwischen für die wachsende Produktion nicht mehr ausreichend. Da es in Bockenheim keine Erweiterungsflächen gab, erwarb die Gesellschaft 1908 im benachbarten Eschborn, unmittelbar an der Bahnlinie Frankfurt - Kronberg, ein rund 50.000 m² großes Grundstück, um dort eine neue Gießerei zu errichten. 1910 beschäftigte die G. Schiele GmbH an beiden Standorten 25 Angestellte, 6 Werkmeister und durchschnittlich 250 Arbeiter. Von diesem Zeitpunkt an wurden immer mehr Produktionsteile nach Eschborn verlagert, bis 1925 der Standort Frankfurt-Bockenheim aufgegeben und die Fabrikhallen verpachtet wurden.

Am 14. Dezember 1935 wurde die G. Schiele GmbH in eine offene Handelsgesellschaft unter der Firma G. Schiele & Co. umgewandelt. Ihre Gesellschafter waren Dipl.-Ing. Dr. Rudolf Michel, Baurat a.D. Alfred Luce und seine Ehefrau Johanna Elisabeth Luce geb. Michel. Nach dem Tod von Dr. Michel († 27.11.1939) und seines Vaters Alfred Luce († 12.4.1946) übernahm Dr.-Ing. Alfred Luce die alleinige Geschäftsführung. Nach dessen unerwartetem Tod am 15.9.1954 trat der bisherige kaufmännische Leiter und Vertraute Luces, Walter Geisel, als persönlich haftender Gesellschafter in das Unternehmen ein und wurde zum Geschäftsführer bestellt.

1981 erwarb die Ernst Hürner GmbH & Co., ein Kunststoff verarbeitendes Unternehmen mit Sitz in Frankfurt-Rödelheim, die ihrerseits zur Cremer-Gruppe gehörte, die Firma F. Schiele & Co. Am 12. Oktober 1998 folgte die Verschmelzung der Schiele GmbH auf die Pumpen- und Gebläsewerk Leipzig GmbH in Leipzig. Mit dem gleichzeitigen Umzug nach Frankfurt-Rödelheim in das Gebäude der nunmehrigen Muttergesellschaft, der Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG wandelte sich Schiele in ein reines Vertriebsunternehmen.

Am 22. April 2002 übernahm die neu gegründete Schiele PGW Turbomaschinen GmbH mit Sitz in Leipzig das Werk als unselbständige Zweigniederlassung, die aber bereits am 2. Mai 2002 abgemeldet und aus dem Handelsregister gelöscht wurde.

Literatur

G. Schiele & Co. GmbH, Frankfurt a.M.-Bockenheim, in: Historisch-biographische Blätter. Industrie, Handels und Gewerbe, Der Regierungsbezirk Wiesbaden, VII. Lieferung, Berlin, o.J. [um 1914], ohne Seitenzählung.

100 Jahre Schiele, Eschborn 1965.

Gerhard Raiss, Die Demontage der Eschborner Firma Schiele & Co. nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Zwischen Main und Taunus. Jahrbuch des Main-Taunus-Kreises 6 (1998), S. 52-57.