Umfang | 21 lfd. m |
Laufzeit | 1765 - 1977 |
Findmittel | Datenbank; Findbuch, bearb. von Ulrich Eisenbach, 2008 |
Das Archiv der Isabellenhütte Heusler GmbH & Co. KG kam im Juni 1993 und im Mai 2005 in zwei Ablieferungen als Depositum in das Hessische Wirtschaftsarchiv. Die Archivalien wurden bis 1993 von Ernst Heusler im Unternehmen betreut und waren bei der Übergabe vorgeordnet. Sie waren in drei Büroräumen im obersten Stockwerk des Verwaltungsgebäudes gelagert. Dokumente ausschließlich oder überwiegend privaten Inhalts wurden von Ernst Heusler entnommen. Ein Aktenplan existierte nicht. Der Bestand umfasst rund 21 Regalmeter.
Schon 1482 wird erstmals eine Kupferhütte im Schnittpunkt zwischen Nanzenbach, Eibach und Dillenburg, im Zentrum eines florierenden Kupfererzbergbaus, erwähnt. Über ihr Schicksal ist nur wenig bekannt, doch spricht vieles dafür, dass sie nicht sehr lange in Betrieb war, hing sie doch von den umliegenden Kupfererzgruben ab, die meist infolge starker Gebirgsverwerfungen nie sehr lange ergiebig waren.
Erst als um 1720 der Kupfererzbergbau wieder einen Aufschwung nahm, entschloss sich Fürst Christian von Nassau-Dillenburg 1727/1728 unweit von Dillenburg am Nanzenbacher Weiher, also dort, wo auch die alte Hütte gestanden hatte, eine neue Kupferhütte erbauen zu lassen, die er seiner Frau, der Fürstin Isabella, zum Geschenk machte. Seitdem trägt die Hütte ihren Namen.
Neben der Kupferhütte bestand ursprünglich noch eine Vitriol-Siederei. 1731 ernannte Fürst Christian den aus Basel gebürtigen und in Frankfurt a. M. als Bankier tätigen Theodor Heusler zum Bergkommissar. U. a. erhielt er den Auftrag, die Vitriol-Siederei in eine Silber- und Bleihütte umzuwandeln. Heusler beteiligte sich selbst an dieser Silber- und Bleihütte und wurde so Mitgewerke der Fürstin Isabella, die später ihre Rechte Schulden halber abtreten musste. Da einige Kupfererzgänge Silber- und Bleibestandteile enthielten, lag der Betrieb einer Silber- und Bleihütte neben der Kupferhütte nahe. Die Bleiverhüttung allerdings scheint schon nach kurzer Zeit als unrentabel wieder aufgegeben worden zu sein.
Die Verwaltung der Isabellenhütte lag zunächst beim fürstlichen Bergamt, später bei der Dillenburger Rentkammer und ging schließlich auf die 1765 errichtete Berg- und Hüttenkommission über. Nach der Eingliederung des Fürstentums Oranien-Nassau in das Herzogtum Nassau 1816 entschloss sich die herzogliche Regierung zur Verpachtung ihrer sämtlichen Hütten- und Hammerwerke. Die Isabellenhütte kam so an einen Registrator der ehemaligen Berg- und Hüttenkommission, unter dessen Leitung das ohnehin danieder liegende Unternehmen noch weiter an Bedeutung verlor. 1824 erbrachte es eine Pacht von gerade einmal 120 Gulden, sodass die Regierung es als unrentabel ab- und zum Verkauf ausschrieb. Am 9. März 1827 wurde die Isabellenhütte zu einem Preis von 2.000 Gulden der verwitweten Oberkammerrätin Philippine Caroline Heusler geb. Leuthaus (1759-1833), der Schwiegertochter des eingangs erwähnten Theodor Heusler, zugeschlagen, die sie auf gemeinschaftliche Rechnung mit ihren acht Kindern betrieb. Um die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten durchführen zu können, nahm die Familie zwei stille Teilhaber ins Unternehmen auf.
Der eigentliche Leiter der Hütte war ihr Sohn Carl Ludwig Heusler (1790-1851), der in Marburg und Freiberg/Sachsen Berg- und Hüttenkunde studiert hatte. Nach zwölfjähriger Tätigkeit beim Oberbergamt Bonn kam er 1828 zum preußischen Bergamt Siegen, dessen Leitung er 1833 übernahm. Sein Augenmerk galt vor allem der Förderung des Kupfererzbergbaus und er versuchte, durch den Erwerb von Grubenanteilen darauf Einfluss zu nehmen. U. a. beteiligte er sich an den umliegenden Gruben “Stangenwage” und “Gnade Gottes”.
Für die weitere Entwicklung des Unternehmens war es von entscheidender Bedeutung, dass 1841 auf der Ludwig Haas aus Dillenburg gehörenden Eisen- und Kupfergrube “Hilfe Gottes” in der “Weyerhecke” bei Nanzenbach, etwa 6 km von der Isabellenhütte entfernt, nickelhaltige Erze entdeckt wurden. Seit es 1823 Dr. Geitner in Aue gelungen war, so genanntes Neusilber aus Kupfer, Nickel und Zink herzustellen, stieß Nickel auf zunehmendes wirtschaftliches Interesse. C. L. Heusler war in Aue als Praktikant der dortigen Blau-Farben-Werke mit der Gewinnung von Nickelprodukten in Berührung gekommen und erkannte die darin liegenden wirtschaftlichen Möglichkeiten. Von Haas erwarb er die Hälfte des Eigentums an der Grube “Hilfe Gottes” und vereinbarte mit ihm, die Hälfte der gewonnenen Kupfer- und Manganerze zu übernehmen. Damit sicherte sich C. L. Heusler die wichtigste Bezugsquelle für Nickelerze, erwies sich doch die Grube “Hilfe Gottes” als einzige Nickelerzgrube von nachhaltiger Ergiebigkeit in Nassau.
Mit der Herstellung von Nickelspeise nahm die Hütte einen Aufschwung. Die Zahl der Arbeiter, die im Kupferbetrieb nie mehr als 4 überschritten hatte, stieg nun auf etwa 20 an. Das Geschäft nahm einen solchen Umfang an, dass 1844 mit Heinrich Jung ein Hüttenverwalter eingestellt werden musste. 1845 zahlte Carl Ludwig Heusler seine Geschwister aus und betrieb die Hütte unter der Firma C. L. Heusler auf alleinige Rechung. Seine Bemühungen galten vor allem der Entwicklung eines Verfahrens zur Gewinnung von möglichst reinem Nickelmetall; hier erzielte er schließlich einen Reinheitsgrad von 96-98%.
Als er am 28. März 1851 starb, hinterließ er eine Witwe und acht zum Teil noch unmündige Kinder, die die bisherige Firma als Erbengemeinschaft fortführten. Die Leitung übernahm Friedrich Wilhelm Otto Heusler (1825-1890), der Berg- und Hüttenkunde studiert hatte und kurz vor dem Tod seines Vaters in die Hütte eingetreten war. An seine Seite trat beratend sein jüngerer Bruder Conrad Heusler (1826-1907), der ebenfalls Berg- und Hüttenkunde studiert hatte und in den preußischen Staatsdienst eingetreten war. Zuletzt war er als Oberbergrat beim Oberbergamt Bonn tätig. Unter den beiden Brüdern begann die Isabellenhütte mit der Herstellung von Neusilber. Auch die Kupferproduktion wurde weiter ausgebaut. 1869 waren die Nickelerzvorkommen der Grube “Hilfe Gottes” erschöpft und der Nickelbetrieb auf der Isabellenhütte musste eingestellt werden. Dadurch geriet die Firma C. L. Heusler in finanzielle Schwierigkeiten und der gemeinschaftliche Bergwerksbesitz kam unter Konkursverwaltung. Als 1872/73 auch noch der Dillenburger Kupferbergbau infolge der veränderten Lage auf dem Weltkupfermarkt unrentabel wurde und fast über Nacht zum Erliegen kam, musste die Isabellenhütte 1873 ihren Betrieb einstellen. Am 20. Februar 1873 beschlossen die Gesellschafter der Firma C. L. Heusler die Auflösung und Liquidation des Unternehmens. Dass die Gläubiger auf die Eröffnung eines Konkursverfahrens verzichteten, ist wohl nur darauf zurückzuführen, dass für sie damals wenig Aussicht bestand, die vorhandenen Aktiva günstig zu verwerten.
In dieser Situation übernahm Conrad Heusler sämtliche Aktiva und Passiva der Firma C. L. Heusler in Liquidation und es gelang ihm, die Gläubiger auch weiterhin zum Stillhalten zu bewegen. Durch ein Verfahren zur Darstellung von kohlehaltigem, eisenfreien Mangan, das er mit Kupfer zu kohlefreiem 30prozentigen Mangankupfer verschmolz, gelang es ihm, das Unternehmen auf eine neue Grundlage zu stellen. Heuslers Kupfermanganlegierung zeigte eine bis dahin nicht erreichte Seewasserbeständigkeit. Unter der Wortmarke “Resistin” erreichte sie als Schraubenwerkstoff im Schiffsbau wie im allgemeinen Maschinenbau große Bedeutung. Die wichtigste Anwendung erfuhren die Mangankupferlegierungen jedoch seit 1889 unter der Bezeichnung “Manganin” als Werkstoff für elektrische Präzisionswiderstände. Bis in die 1960er Jahre blieb die Herstellung von Mangankupfer als Zusatzlegierung, insbesondere für Sondermessing, ein wichtiger Produktionszweig der Isabellenhütte.
1898 gründete Conrad Heusler, der die Hütte von Bonn aus leitete, die Firma “Isabellenhütte GmbH” und nahm als Gesellschafter seinen Sohn Dr. Fritz Heusler (1866-1947), der 1907, nach dem Tod seines Vaters, die Geschäftsführung übernahm. 1930 brachte das Unternehmen eine neue, Mangan und Aluminium enthaltende Widerstandslegierung auf den Markt, die den Namen “Isabellin” erhielt und sich hervorragend für den Bau technischer Widerstände eignete. In diesem Zusammenhang ging die Isabellenhütte GmbH eine enge Zusammenarbeit mit der F. A. Lange Metallwerke A.G. in Aue im Erzgebirge ein, an der sie sich später auch beteiligte.
1937 zog sich Dr. Fritz Heusler aus der aktiven Leitung des Unternehmens zurück und übergab die Geschäfte seinen beiden Söhnen Dr. Otto Heusler als technischem und Ernst Heusler als kaufmännischem Direktor. Gleichzeitig erfolgte die Umwandlung der Isabellenhütte GmbH in eine Kommanditgesellschaft unter der Firma “Isabellenhütte Heusler KG”. Die Satzung bestimmte, dass nur Nachkommen von Conrad Heusler mit Kapital an dem Unternehmen beteiligt sein konnten.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Isabellenhütte Heusler KG in vollem Umfang in die Kriegswirtschaft einbezogen. Die Erzeugung des Mangan-Neusilbers musste als nicht kriegswichtig eingestellt werden; insgesamt erhöhte sich jedoch bei vollständig ausgenutzter Kapazität die Produktion der Zusatzlegierungen sowie von Isabellin. Zwar erlitt der Betrieb auf Grund seiner abgeschiedenen Lage nur geringfügige Zerstörungen durch Luftangriffe, doch verlor das Unternehmen nach Kriegsende seine Beteiligung an der in Volkseigentum überführten F. A. Lange Metallwerke A.G. Auch büßte es die Hälfte seines gesamten Metallbestandes und somit einen wesentlichen Teil seines Betriebskapitals ein. Um über die schwierigen Nachkriegsjahre hinwegzukommen, wurde die Eisengießerei ausgebaut, die bislang nur für den eigenen Bedarf gearbeitet hatte. Die Herstellung von Obstpressen für den Hausgebrauch schaffte den Mitarbeitern eine lohnende Beschäftigung, bis nach der Währungsreform allmählich die Friedensproduktion und der Export wieder in Gang kamen.
Zu der bisherigen Produktion von elektrischen Widerstandslegierungen kam 1953 als neuer Produktionszweig die Herstellung hochnickelhaltiger Legierungen hinzu, vor allem eine Kupfer-Nickel-Legierung, die unter dem Namen “Isotan” vertrieben wurde. Damit kehrte die Hütte auf ein Arbeitsgebiet zurück, das 100 Jahre zuvor einmal ihr ureigenstes gewesen war. Während die Eisengießerei 1953 still gelegt wurde, wurde die Metallgießerei modernisiert. Um sich von auswärtigen Lohnveredelungsbetrieben unabhängig zu machen, wurden 1952 die ersten Drahtziehmaschinen angeschafft. 1965 wurde die Firma in eine GmbH + KG umgewandelt, d. h. die bisherigen persönlich haftenden Gesellschafter wurden durch eine GmbH ersetzt, an der die Kommanditisten der alten KG entsprechend ihren Anteilen beteiligt waren. Zum 1. Januar 1975 wurde Fritz Heusler, Sohn von Ernst Heusler, zum kaufmännischen Geschäftsführer bestellt. Technischer Geschäftsführer wurde 1978 Dr. Heinz Josef Strösser. Produktionsschwerpunkt blieben die Widerstandslegierungen. Man begann erfolgreich, Drähte, Bänder und Bleche mit garantierten, den Normen entsprechenden Werten zu verkaufen.
Mitte der 1980er Jahre wurden völlig neue Produkte entwickelt, vornehmlich niedrigohmige Präzisionswiderstände zur Strommessung. Sie werden in vielen Bereichen der Elektrotechnik eingesetzt, insbesondere im Automobilbau. Das Programm der Isabellenhütte besteht heute aus der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von Lang- und Flacherzeugnissen aus Widerstands- und Thermolegierungen sowie elektronischen Komponenten zur Präzisionsstrommessung und Leistungswiderständen. Zunehmende Bedeutung gewinnen niederohmige Shunts für Energiezähler (kWh-Meter) und Fehlerstrom-Schutzschalter sowie für Batteriestrommessung im Rahmen des Batterie- und Energiemanagements im Kfz.
Obgleich die Isabellenhütte international mit einem Exportanteil von mehr als 50 Prozent agiert, ist sie ein Familienunternehmen geblieben. Der Betrieb beschäftigt heute rund 450 meist hoch qualifizierte Mitarbeiter.
Isabellenhütte Heusler GmbH & Co. KG (Dillenburg), in: Tüftler & Talente. 150 Jahre technische Innovationen in Mittelhessen. Bearb. Von Christoph Schäfer, Wetzlar 2004, S. 227-229.
Über 500 Jahre “Kupferhütte auf der Nanzenbach” - 275 Jahre Isabellenhütte Dillenburg - 175 Jahre Familienbesitz Heusler - 2002/2003 Die Isabellenhütte heute, Dillenburg 2003.
Ernst Heusler, Theodor Heusler aus Basel und die Anfänge der Isabellenhütte bei Dillenburg, in: Nassauische Annalen Bd. 107, 1996, S. 141-148.