Umfang | 47 lfd. m |
Laufzeit | 1885 - |
Findmittel | Datenbank (soweit verzeichnet) |
Das Jahr 1803 hatte für Wetzlar einen tiefgreifen Umbruch bedeutet: Mit dem Reichsdeputationshauptschluss hatte die Stadt nicht nur ihren Status als Reichsstadt, sondern mit der Auflösung des Reichskammergerichts und dem damit verbundenen Wegzug des Gerichtspersonals die städtische Handwerkerschaft auch einen Großteil ihrer Einkünfte verloren. Eine wirtschaftliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation erfolgte allmählich ab den 1840er Jahren mit der Schiffbarmachung der Lahn, der Anbindung an das Eisenbahnnetz und dem Aufschwung vor allem der eisenerzeugenden und der optischen Industrie.
Seit den 1870er Jahren trieben die Wetzlar Unternehmer daher auch die Gründung einer eigenen Handelskammer voran. Vorschläge des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe, die Zuständigkeit Handelskammer Koblenz auf den gesamten Regierungsbezirk und somit auch auf Wetzlar zu erweitern, wurden dort allerdings abgelehnt. Die Gründung einer eigenen Wetzlarer Kammer verzögerte sich jedoch zunächst wegen der ungeklärten Finanzierung, zumal auf die Bestellung eines hauptamtlichen Syndikus' nicht verzichtet werden sollte.
In einer Versammlung am 19.11.1898 stimmten die Wetzlarer Gewerbetreibenden einer freiwilligen erhöhten Umlage zu; gleichzeitig sagte der Landrat einen jährlichen Zuschuss zu. Nachdem der Preußische Minister für Handel und Gewerbe am 17.5. 1900 die Errichtung genehmigt hatte, konnten am 4.10.1900 die Wahlen zur Handelskammer stattfinden. Am 12. Oktober 1900 fand die konstituierende Sitzung statt, in der Eduard Kaiser, Generaldirektor der Buderus'schen Eisenwerke, zum Vorsitzenden gewählt wurde. Im gleichen Monat wurde Dr. Buddeus als hauptamtlicher Syndikus bestellt.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs brachte für alle Handelskammern vermehrte Aufgaben mit sich. In Wetzlar wurde zudem der hauptamtliche Syndikus zum Wehrdienst eingezogen, so dass man sich mit nebenamtlichen Sekretären behelfen musste. Bestrebungen des Preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe, kleinere Kammern zusammenzulegen, scheiterten letzten Endes an der Frage des Kammersitzes. Der 1918 diskutierte Plan einer Nassauischen Handelskammer, zu der die Kammern Dillenburg, Limburg, Wetzlar und Wiesbaden zusammengeschlossen werden sollten, ging zwar in den politischen Wirren des Kriegsendes unter, aber das Thema war damit nicht abgeschlossen. Nachdem 1924 ein neues preußisches Handelskammergesetz verabschiedet worden war, das die neue Bezeichnung "Industrie- und Handelskammer" festsetzte, aber auch die Gründung von Zweckverbänden ermöglichte, schloss sich Wetzlar mit Dillenburg und Frankfurt a.M.-Hanau zum "Verband Hessen-Nassauischer Industrie- und Handelskammern" zusammen, um überregionale Aufgaben aufzuteilen. Doch bereits 1931 zerfiel der Verband wieder, Wetzlar schloss sich nunmehr mit der IHK Frankfurt a.M.-Hanau zusammen und fungierte in der Folgezeit als Bezirksstelle mit eigenem Präsidium.
1933 wurden alle Industrie- und Handelskammern gleichgeschaltet: Sie verloren ihre bisherige Selbstverwaltung, der Kammerpräsident wurde nun nach dem "Führerprinzip" durch den Gauleiter der NSdAP bestimmt und an die Stelle der Vollversammlung trat ein durch den Kammerpräsidenten berufener Beirat. Schließlich wurden die Kammern aufgelöst und zum 1.1.1943 durch neu gegründete Gauwirtschaftskammern ersetzt. Alle Industrie- und Handelskammern des Volkstaats Hessen und des Regierungsbezirks Wiesbaden wurden in der Gauwirtschaftskammer Rhein-Main zusammengefasst.
Am 29. März 1945 besetzten amerikanische Truppen Wetzlar. Ende April wurde Maximilian Wiedling (Ernst Leitz GmbH) zum Präsidenten der Bezirksstelle Wetzlar der Gauwirtschaftskammer bestimmt. Zwei Jahre später, im April 1947, wurde er von dem neu gewählten Beirat in seinem Amt bestätigt. Anders als in anderen Bundesländern besaßen die hessischen Kammern zunächst allerdings keinen öffentlich-rechtlichen Status, so dass die Mitgliedschaft von Unternehmen nur freiwillig war. Erst nach jahrelangen Bemühungen erhielten sie mit dem Bundesgesetz über die Industrie- und Handelskammern vom 18.12.1956 den Status von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Gründung der Stadt Lahn im Zuge der kommunalen Gebietsreform in Hessen Ende der 1960er Jahre führte zu Überlegungen für die Zusammenlegung der Kammern Dillenburg und Wetzlar mit Angliederung von Flächen von Stadt und Kreis Marburg (IHK Kassel) sowie Stadt und Landkreis Gießen (IHK Gießen) zu einer "IHK Mittelhessen". Wie bereits in den 1920er Jahren war jedoch die Frage des Kammersitzes umstritten und nach der Auflösung Lahns wurde das Projekt nicht weiterverfolgt.
Seit Ende der 1990er Jahre intensivierten die Kammern Wetzlar und Dillenburg jedoch ihre Zusammenarbeit. Sie gaben seit 1997 ein gemeinsames Mitteilungsblatt heraus und hatten seit Januar 1998 einen gemeinsamen Hauptgeschäftsführer. Nach der Zusammenlegung weiterer Abteilungen fusionierten die beiden Kammern mit Wirkung vom 1. Januar 2008 schließlich zur "Industrie- und Handelskammern Lahn-Dill" mit Hauptgeschäftsstellen in Dillenburg und Wetzlar.
1900 - 1911 | Eduard Kaiser |
1911 - 1914 | Adolf Neumann |
1914 - 1926 | Alfred Groebler |
1927 | Georg Bahr |
1928 - 1942 | Adolf Köhler |
1942 - 1945 | Friedrich Rickeberg |
1945 - 1966 | Maximilian Wiedling |
1966 - 1972 | Robert Nünighoff |
1972 - 1982 | Horst Siegfried |
1982 - 1986 | Georg Ringenberg |
1986 - 1994 | Friedemann Pitzer |
1994 - 2007 | Karl-Heinz Lust |
2008 - 2014 | Uwe Hainbach (IHK Lahn-Dill) |
Kleine Chronik der Industrie- und Handelskammer Wetzlar 1900-1975, bearb. Von Herbert Flender, Wetzlar 1976
100 Jahre Industrie- und Handelskammer Wetzlar, Wetzlar 2000
Tradition und Wandel. Die Industrie- und Handelskammern Dillenburg und Wetzlar von der Gründung bis zu ihrer Fusion. Sonderausgabe des Mitteilungsblatts der Industrie und Handelskammern Dillenburg und Wetzlar, November 2007.